Anläßlich des 80. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Flossenbürg besuchte der Holocaust-Überlebende Josef Salomonovic unsere Schule, begleitet von seiner Frau Lizzy. Bereits seit vielen Jahren kommt der heute in Wien lebende 86-jährige regelmäßig an die Gustl-Lang-Schule, um den Schülerinnen und Schülern seine Geschichte zu erzählen – eine Geschichte, die zeigt, welche Folgen Diskriminierung und Hass haben kann.
Während seines bewegenden Vortrags sprach Josef Salomonovic über seine Kindheit, die eigentlich keine war. Von 1941 bis 1945 war er in acht Ghettos und Konzentrationslagern inhaftiert. Pepek, wie er von seiner Familie liebevoll genannt wurde, war drei Jahre alt, als seine Familie 1941 ins Ghetto Lodz deportiert wurde. Von 1000 Menschen des Deportationszugs überlebten nur 46 – Josef ist heute der Letzte von ihnen. Während die Eltern und der Bruder Michael in Fabriken arbeiten mussten, war Josef tagsüber allein. In Auschwitz erkannte er seine Mutter nur daran, dass sie für ihn seine Schuhe gebunden hatte, nachdem ihr, wie allen Frauen, die Haare abrasiert worden waren. Der Verlust des Vaters, der 1944 im KZ Stutthof durch eine Phenol-Spritze ermordet wurde, schmerzt ihn bis heute.
Im November 1944 wurde die Mutter mit den beiden Söhnen nach Dresden in ein Außenlager des KZ-Flossenbürg überstellt. Die Mutter und der ältere Bruder mussten Zwangsarbeit in einer Munitionsfabrik leisten, während Josef sich verborgen halten musste. Ein SS-Mann entdeckte im Februar 1945 den sechsjährigen Josef, der in einem Behälter für Schmutzwäsche versteckt war. „Dieser Dreck muss weg“, lautete sein Befehl. Der Junge sollte am nächsten Tag, dem 13. Februar 1945, deportiert werden. Aufgrund der Bombadierung Dresdens in dieser Nacht, wurde der Befehl nicht mehr ausgeführt. Während des Todesmarsches gelang der Familie schließlich die Flucht. Erst nach der Befreiung durch amerikanische Truppen konnte Josef erstmals normale Kindheitserfahrungen machen – Zähne bekam er erst mit sieben Jahren, gewachsen war er aufgrund der jahrelangen Mangelernährung kaum.
Noch heute bewahrt er zwei Gegenstände aus dieser Zeit auf, die er den Jugendlichen zeigte: einen Löffel und ein kleines Flugzeug. Der Löffel war sein Überlebenswerkzeug – seine Mutter schabte mit den Löffel sein Essen, da er keine Zähne hatte.
Die Schülerinnen und Schüler hörten gebannt zu, zeigten sich sichtlich bewegt und stellten viele Fragen. Warum er trotz der schmerzhaften Erinnerungen immer wieder in Schulen geht, fragte ein Schüler. Seine Antwort: „Es kostet Kraft. Aber es ist notwendig, über unpopuläre Dinge zu sprechen – gerade heute.“
Die Schülerinnen und Schüler erlebten Geschichte nicht einfach aus dem Schulbuch, sondern durch einen Menschen, der sie überlebt hat. Sie nahmen wichtige Erkenntnisse mit – über das Unvorstellbare, aber auch über Mut, Menschlichkeit und die Bedeutung unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung.